Freiwilligenanlass 2021 des Aargauer Jugendrotkreuzes

Gemeinsam die Welt aus neuen Perspektiven entdecken

Mit der Hilfe von «Surprise» verbrachten die Freiwilligen des Aargauer Jugendrotkreuzes einen lehrreichen und spannenden Tag in Basel, den sie so schnell nicht wieder vergessen werden.
Der diesjährige Freiwilligenanlass des Aargauer JRK führte nach Basel.
Der diesjährige Freiwilligenanlass des Aargauer JRK führte nach Basel.
Ein Beitrag von Lara Kaiser, Freiwillige beim JRK Kanton Aargau  

Der diesjährige Freiwilligenanlass des Aargauer Jugendrotkreuzes am 12. Juni startete mit vielen Teilnehmenden an diversen Bahnhöfen und Startpunkten im ganzen Kanton, die sich dann in Basel zu einer motivierten Truppe zusammenschlossen. Organisatorin Franziska Bünger, Praktikantin beim JRK, informierte kurz über die einzuhaltenden Schutzmassnahmen, den Tagesablauf und natürlich über unseren bevorstehenden sozialen Stadtrundgang mit Surprise.  

Ein gleichsam lehrreicher wie berührender Stadtrundgang  

Surprise – eine engagierte Institution – begann 1993 mit einem Strassenmagazin. Heute ist es eine weit vernetzte Organisation mit Regionalstellen in Basel, Zürich und Bern. Zu ihren Angeboten gehören der Vertrieb des Surprise Magazins, soziale Stadtführungen, eine Strassenfussball-Nationalmannschaft und vieles mehr.  

Unser Tour-Guide Heiko begrüsste uns und gab einen Einblick in sein Leben, das ihm wenig geschenkt hat. Er erzählte von gesundheitlichen Problemen, Obdachlosigkeit, Suchterfahrungen, bürokratische Fallgruben – und wie er durch Surprise wieder Fuss fassen konnte. Den Freiwilligen huschte beim Zuhören so mancher Schauer über den Rücken und man dankte insgeheim für Gesundheit und den so selbstverständlich gewordenen Wohlstand. Als Heiko aber zum Schluss seine Frau Lillian und seine Enkel erwähntegab es ein spürbares Aufatmen.  

Der erste Punkt unserer Tour war die Gassenküche. Sie ist Anlaufstelle für alle möglichen Menschen in verschiedenen Lebenslagen. Hier gibt es frisches, ausgewogenes Essen und davon genug für alle. Sieben Teammitglieder und über 50 Freiwillige füllen jährlich zehntausende Teller. Ausserdem gibt es ein grosses Sommer-Grillfest und eine Weihnachtsfeier, die sich grösster Beliebtheit erfreuen und jeweils ca. 250 Menschen anlocken. Ein weiterer, wichtiger Aspekt der Gassenküche ist, dass die Gäste hier kleine und grössere Arbeiten erledigen und sich so Geld verdienen können. Ob Grosseinkauf, Abwasch oder Putzarbeiten – die Stellen sind heiss begehrt. Heiko schwärmte ausserdem von Schwester Rebecca aus der Pfarrei St. Clara, die nach der Sperrung der damaligen Räumlichkeiten massgeblich dazu beigetragen hat, dass die Gassenküche dort steht, wo sie heute steht.  

Unsere zweite Station war die Diakonische Stadtarbeit Elim: Ein sozialdiakonisches Werk im Herzen Basels, das sich seit 1997 für die Integration von Menschen am Rande der Gesellschaft engagiert. Mit seinen verschiedenen Arbeitszweigen betreut es Suchtkranke, Geflüchtete, Bedürftige und Menschen, die einfach mal jemanden zum Reden brauchen. Neben dem Innenausbau im Krankenhausstandard gibt es hier z.B. 30 Einzimmerwohnungen, in welchen die Bewohnenden ihre Selbstständigkeit beweisen können, immer mit der Möglichkeit der Betreuung. Elim setzt auf individuelle Zielsetzungen der Bewohnenden und bietet bestmögliche Unterstützung.  

Von unbequemen Sitzbänken, Foodwaste und der Wichtigkeit einer Meldeadresse  

Auf unserem Weg durch Kleinbasel erwähnte Heiko beiläufig, dass hier der höchste Ausländeranteil ansässig sei und über 140 verschiedene Sprachen gesprochen würden. 

Angekommen in der Clara-Matte, wurden wir gefragt, was uns an den Sitzbänkli unterwegs aufgefallen sei. «Sie sind nicht gemacht, um darauf zu schlafen», meinte ein Freiwilliger. Genau darauf wollte Heiko hinaus. Er sei unzufrieden und enttäuscht über diese Handhabung  

Dann erzählte er uns ein bisschen von dem Leben «auf der Gass». Dass Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit nicht dasselbe sei, denn als wohnungslos würden Menschen bezeichnet, die bei Familienmitgliedern oder Freunden unterkommen könnten. Und natürlich erzählte er uns vom Verein für Gassenarbeit namens «Schwarzer Peter». Heute nennt man sie «Streetworker». Sie sind da, wo die Leute sind; stehen mit Rat und Tat zur Seite, vermitteln, helfen. Der «Schwarze Peter» bietet einige sehr wichtige Leistungen an, z.B. eine Meldeadresse, die man beispielsweise Ämtern angeben kann und zu der man seine Post zugeschickt bekommt. Ausserdem wird man auf Wunsch zu Behördengängen begleitet. Zurzeit nehmen etwa 330 Personen diese Meldeadresse in Anspruch.  

Auf unserem Weg begegneten wir noch der Plusminus Budget- und Schuldberatung, die unter anderem bei diesen drei häufigen Schuldenfallen Unterstützung bietet: Steuern, Krankenversicherung und persönliche Konsumschulden. Gleich unter Plusminus befindet sich ein Caritas Lebensmittelmarkt, in welchem Personen mit einem entsprechenden Nachweis ihre Einkäufe 30-40% günstiger als im regulären Handel erhalten. Die Produkte stammen oft aus der gleichen Fertigung, weisen aber vielleicht Produktionsfehler auf, wie leicht abweichendes Gewicht. Als Heiko die 2.8 Millionen Tonnen Lebensmittelverschwendung erwähnte, die die Schweiz jedes Jahr (!) produziert, wurde es einem kurz schwindelig.  

Ein runder Abschluss  

Die letzte Station war die Pfarrei St. Clara, wo uns Heiko noch stolz ein paar weitere Details über Surprise erzählte. Wie etwa vom Strassenchor mit 25 Sängerinnen und Sängern, von dem wir noch nichts wussten, oder dass pro Jahr 80'000 Menschen an den Stadtrundgängen teilnehmen. Selbstverständlich sprach Heiko auch über die Christoph-Merian-Stiftung, die einen grossen Teil zu Surprise beiträgt. Der grösste finanzielle Zustupf, nämlich 65%, kommt nach wie vor aus dem Verkauf der Magazine.  

Nach so vielen Eindrücken und Informationen tankten wir im Haus des JRK Basel wieder Energie, tauschten uns aus und liessen den Tag bei einem Apéro ausklingen.