Bildung

SESAM öffnet Geflüchteten die Türe zum Arbeitsmarkt

Der 23-jährige Mustafa Kazemi hat eine Lehre als Assistent Gesundheit und Soziales gefunden. Ermöglicht hat diesen Integrationserfolg das Projekt SESAM für Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene des Aargauer Roten Kreuzes.
Gemeinsam Möglichkeiten schaffen: Dank der Unterstützung seines Rotkreuz-Mentors Martin Struger hat Mustafa Kazemi den Lehrgang zum Pflegehelfer SRK erfolgreich abgeschlossen.

Aarau, 7.5.2019

Mustafa Kazemi hat in seinem Leben nur drei Jahre die reguläre Schule besucht. In seinem Heimatdorf in Afghanistan war die Schule den Taliban ein Dorn im Auge. Mädchen und Frauen verboten sie, am Unterricht teilzunehmen. Studenten, die in die nächste Stadt reisten, fielen immer wieder ihren Terroranschlägen zum Opfer. Für Kazemi ist eine Ausbildung deshalb alles andere als selbstverständlich. Umso mehr freut es ihn, dass er vier Jahre nach seiner Flucht in die Schweiz eine Lehrstelle als Assistent Gesundheit und Soziales angeboten erhalten hat. Möglich gemacht hat dies das Projekt SESAM des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) Kanton Aargau.

Ein Weg aus der Sozialhilfe

SESAM wurde 2016 vom SRK in Zusammenarbeit mit dem Staatssekretariat für Migration lanciert, um anerkannten Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen den Einstieg in den Pflegebereich und den Ausstieg aus der Sozialhilfe zu ermöglichen. «Die Teilnehmenden absolvieren dabei den seit 60 Jahren bestehenden Lehrgang Pflegehelfer/-in SRK und werden zusätzlich durch ein Mentoring, Bewerbungstraining und Lernbegleitung unterstützt», erklärt Petra Reidenbach, Leiterin Bildung beim SRK Kanton Aargau. Bereits haben schweizweit 444 Personen das Programm durchlaufen, 90 Prozent der Absolventinnen und Absolventen haben danach eine Anstellung gefunden. «Die sorgfältige Auswahl der Kandidaten aufgrund ihrer Sprachkenntnisse ist dabei sicher ein Erfolgsfaktor», betont Reidenbach. Im Fall von Kazemi war das kein Problem, er bestand den obligaten Deutschtest auf Anhieb.

Tatkräftige Unterstützung
Obwohl er mit der Sprache keine Mühe hatte, waren für den jungen Manndie 120 Stunden Theorieunterricht des Lehrgangs kein Zuckerschlecken. «Ich musste sehr viel lernen», erinnert sich der 23-Jährige. Zum Glück haben ihn seine Kursleiterin, sein guter Freund Jan Schneider und sein freiwilliger Mentor Martin Struger tatkräftig unterstützt. «Der Stoff ist wirklich anspruchsvoll», betont Struger, selbst gelernter Wirtschaftsingenieur. «Wir haben deshalb Lerntechniken angeschaut, die Mustafa halfen, den Inhalt zu bewältigen.»

Der 38-Jährige weiss, wie wichtig es ist, in einem fremden Land Anschluss zu finden. «Als ich beruflich für längere Zeit in den USA war, wurde mir klar, dass Freunde und Arbeit der Schlüssel zur Integration sind», so Struger. Eine solche Schlüsselrolle wollte er nach seiner Rückkehr selbst einnehmen und engagiert sich deshalb seit zwei Jahren beim SRK Kanton Aargau als Freiwilliger bei den Sportnachmittagen für Asylsuchende und seit kurzem beim Projekt SESAM.

Die Freude am Helfen

Ein Engagement, das sich auszahlt. Nach dem Theorieunterricht fand sein Mentee innert kürzester Zeit eine Praktikumsstelle in der Klinik Barmelweid. «Ich habe mich dort jeden Tag um drei demenzbetroffene Patienten gekümmert, ihnen bei der Körperpflege geholfen und sie mit Zeichnen, Basteln und Spielen durch den Tag begleitet», erzählt Kazemi. «Es macht mir viel Freude, diesen Menschen zu helfen.» Diese Freude war wohl spürbar, denn nach Abschluss des Praktikums bot man ihm in der Barmelweid eine Lehrstelle zum Assistenten Gesundheit und Soziales an – eine Riesenchance für den jungen Mann aus Unterentfelden. Und auch sein Mentor freut sich: «Das ist das Schöne an diesem Projekt und meinem Engagement: Man kann für motivierte Menschen neue Möglichkeiten schaffen und manchmal gelingt es einem auch, das Glück zu erzwingen.»