Pflegende Angehörige

Regelmässige Entlastung bringt nachhaltiges Glück

Luigi Baroncelli leidet seit drei Jahren an Parkinson. Seine Frau Adriana Baroncelli steht ihm seither rund um die Uhr zur Seite. Die in Nussbaumen wohnhafte Italienerin merkte jedoch schnell, dass sie die Betreuung allein nicht mehr schafft. Der Entlastungsdienst des Aargauer Roten Kreuzes war für sie der Rettungsanker.

Nussbaumen, 22. April 2022 – Adriana Baroncelli ist eine von rund 45'000 Personen im Kanton Aargau, die einen Angehörigen betreuen und pflegen. Als ihr Mann Luigi Baroncelli (81) vor drei Jahren die Diagnose Parkinson erhielt, versuchte sie wie so viele andere, die grosse Last allein zu stemmen. «Ich bin seine Ehefrau, natürlich kümmere ich mich um ihn», erinnert sich die 74-Jährige an die Anfangszeit. Dieser Ansicht seien auch viele in ihrem Umfeld gewesen. Doch Adriana Baroncelli weiss: «Solange man nicht selber jemanden 24 Stunden betreut, weiss man nicht, wie kräftezehrend das sein kann.»

Arztbesuch öffnete ihr die Augen

Im vergangenen Herbst merkte sie, dass sie trotz genügend Schlaf immer müde war. Der Besuch beim Hausarzt war dann schliesslich der Wendepunkt. «Meine Blutwerte waren alle gut. Ich war eigentlich kerngesund. Der Arzt meinte, ich sei erschöpft und solle mir dringend eine Auszeit nehmen, ansonsten würde ich Gefahr laufen, in eine Depression zu fallen», so Adriana Baroncelli. Die Worte des Arztes verfehlten ihre Wirkung nicht. In den nächsten vier Monaten war sie damit beschäftigt, Betreuungsmöglichkeiten für ihren Mann zu suchen für die Zeit, in der sie ihre Familie in Rom besuchen würde. «Ich freute mich sehr auf meine Familie und Schulfreunde, habe ich sie doch in den letzten drei Jahren nicht mehr gesehen», so Adriana Baroncelli. Gleichzeitig wollte sie für ihren Ehemann die passende Betreuung finden. Viele Heime, Wohnungen und Gruppen später hatte sie noch immer keine gute Lösung gefunden. «Vieles war extrem teuer. Aber es war nicht nur das Geld. Ich wollte nicht, dass er beispielsweise den ganzen Tag in seinem Zimmer sitzt und fernsieht. Ich wollte, dass man auf ihn eingeht und mit ihm etwas unternimmt, sich richtig um ihn kümmert», so Adriana Baroncelli. Als sie vom Entlastungsdienst des Aargauer Roten Kreuzes erfuhr, war ihre Suche endlich beendet.

Aus einmalig wird regelmässig

Gemeinsam mit der Spitex und der Physiotherapie übernahm dann der Entlastungsdienst des Aargauer Roten Kreuzes die Betreuung von Luigi Baroncelli während zehn aufeinander folgenden Tagen. «Gott sei Dank gibt es den Entlastungsdienst. Ich kann nur Gutes darüber berichten», erzählt Adriana Baroncelli und fügt an: «In den zehn Tagen in Rom habe ich so viel Energie getankt. Jeden Abend habe ich eine Nachricht erhalten, was die Pflegerinnen tagsüber mit Luigi gemacht haben und wie es ihm geht. Das hat mich sehr beruhigt.» Auch Luigi Baroncelli sei sehr zufrieden gewesen mit der Betreuung.

Aufgrund dieser positiven Erfahrungen beschloss sie, regelmässig vom Entlastungsdienst Gebrauch zu machen. «Wenn ich normalerweise einkaufen ging oder die Nachbarin in der Cafeteria traf, hatte ich ständig meinen Ehemann im Hinterkopf: Was ist, wenn jetzt etwas passiert und ich nicht da bin? Ich konnte nie ganz abschalten, das belastete mich», so Adriana Baroncelli. Also entschied sie, jede Woche ein paar freie Stunden für sich einzubauen. «Ich weiss, dass mein Mann in guten Händen ist, wenn die Mitarbeiterin des Entlastungsdienstes kommt. So kann ich mich voll und ganz auf mich konzentrieren. Diesen Dienst würde ich jedem empfehlen, der in einer ähnlichen Situation ist wie ich», so Baroncelli.

Grosses Glück nennt sie, dass sie gemeinsam mit ihrem Mann in jungen Jahren die ganze Welt gesehen hat. «Wir haben jedes Jahr eine längere Reise gemacht. Mexiko, Indien… Es gibt fast kein Land, in dem wir nicht schon waren», erzählt sie und ergänzt: «Wir wollten nie auf die Pension warten. Wir haben das Leben dann genossen, wenn es passierte. Das ist im Nachhinein gesehen ein grosses Glück.»