Auf den Brettern, die die Welt bedeuten

Theaterspielen macht Spass, befreit die Seele und tut gut. Dies durfte im Januar auch eine Gruppe junger Geflüchteter und Freiwilliger in Menziken erleben. Im Rahmen der Inputabende des Jugendrotkreuzes (JRK) Kanton Aargau wurde im Theater am Bahnhof (TaB*) ein dreiteiliger Workshop durchgeführt.

Das TaB* ist ein Kulturhaus direkt beim Bahnhof in Reinach. Film, Musik, Theater, Kunst und viele spannende Menschen sind an diesem besonderen Ort anzutreffen. Hier entstand während einer Führung auch die Idee für den Theater-Workshop für junge Geflüchtete von Menziken und Umgebung.

Von Schulproblemen, Eifersucht und Tiergeschichten

Clo Bisaz, ausgebildeter Theaterpädagoge und Leiter des TaB*, führt durch den Abend. Mit konzentriertem Gehen, lauten und leisen Stimmen wärmen wir uns für den Workshop auf.

Als nächstes stellen wir uns alle in einen Kreis. Wer bereit ist, kann in der Mitte mit einer Improvisation beginnen. Die erste Szene startet im Badezimmer. Duschen, Schminken und genervte Geschwister kommen darin vor. Danach folgt eine Szene in der Schule. Der Lehrer verlangt die Hausaufgaben und nur ein Schüler kann sie vorweisen. Kurz darauf geht es um einen jungen Mann und seine Freundin. Eifersucht führt zu einem Streit zwischen ihnen. Am Schluss wird gemeinsam nach einer Lösung für eine Versöhnung gesucht.

Der Lehrer ist nicht zufrieden mit seinen zwei Schülern, da die Hausaufgaben fehlen.

In einer etwas ruhigeren Übung erzählen die Teilnehmenden gemeinsam Geschichten. Die erste Person beginnt mit ein paar Sätzen, die zweite führt die Geschichte fort und so weiter. Es beginnt eine Tiergeschichte. Die Tiere sind auf der Flucht und werden durch einen Fluss von ihren Eltern getrennt. Es kommen Elefanten und versuchen gemeinsam eine Brücke zu bilden. Doch der Versuch scheitert…

Vom Marathon ins Krankenhaus

Die letzte Übung dreht sich um ein Bild. Auf diesem ist ein zusammengebrochener Marathonläufer und rund um ihn besorgte Menschen zu sehen. Gemeinsam sollen wir ein kleines Theaterstück entwickeln, welches diese Szene beinhaltet.

Gemeinsam mit Clo suchen die Teilnehmenden ein Bild aus.

Unser Stück beginnt mit zwei Freunden, die einen Marathon laufen. Sie rennen nebeneinander her. Plötzlich wird einer von ihnen langsamer und kann kaum mehr stehen. Sein Kollege versucht ihn weiterzuziehen, aber ohne Erfolg. Er lässt seinen Freund zurück, um alleine den Marathon zu gewinnen.

Eine andere Läuferin entdeckt den zusammengebrochenen Marathonläufer. Schnell ruft sie den Notarzt. Die Stimme der Zentrale meldet sich: «Ich brauche Name und Adresse». Die Zentrale bleibt beharrlich dabei, auch wenn die Läuferin keine Adresse weiss…

Endlich im Spital angekommen, gibt es keine Behandlung, bis der Patient seine Krankenkassenkarte vorweisen kann. Mittlerweile ist auch sein Freund wieder eingetroffen und entschuldigt sich bei dem Zurückgelassenen.

Die beiden Freunde versöhnen sich.

Lange streitet der Freund mit dem Arzt. Er versucht ihm Geld anzubieten oder seine eigene Krankenkassenkarte. Doch der Arzt ist unerbittlich. Dem Zusammengebrochenen geht es immer schlechter. Er fällt auf den Boden, fasst sich an die Brust und stirbt. Schlussendlich zählen Namen, Adressen und Krankenkassenkarten.

Erlebtes auf der Bühne verarbeiten

Ereignisse aus dem Leben nachzuahmen und aus unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten, ist ein wichtiger Aspekt des Theaterspielens. Das Hineinversetzen in eine andere Rolle erlaubt es, Erlebtes zu reflektieren und zu verarbeiten. Das ist auch genau das, was einer der Teilnehmenden am Theater-Workshop so schätzt: «Es ist wie in der Realität, aber ich kann jemand anderes spielen.»

Insgesamt fand der Theater-Workshop an drei Terminen statt und am Schluss erhielten die Jugendlichen und jungen Erwachsenen ein Teilnahme-Zertifikat. Alle drei Abende waren gefüllt mit Geschichten, Erinnerungen und Kreativität.

Der Workshop bot den jungen Geflüchteten nicht nur einen Raum, in dem sie ausprobieren und Spass haben konnten. Die verschiedenen Übungen förderten auch ihre Sprachfähigkeiten sowie ihr Selbstbewusstsein und ihre Auftrittskompetenz. Zudem konnten sie das TaB* näher kennenlernen und einige von ihnen haben Clo Bisaz bereits zugesichert, bei zukünftigen Veranstaltungen vorbeizuschauen und mitzuhelfen.

Autorin: Melanie Senn